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Sujets und Stil

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Rotes Blatt (oben) Gesicht Die Objekte und Gemälde sind nie aufdringlich und doch von unübersehbarer Ausstrahlung. Mit kraftvoller Ruhe und farblicher Frische schenken sie dem Betrachter ein Gefühl von Vertrauen und von Verbundenheit mit den zeitlosen Erscheinungen dieser Welt. Ihre Natürlichkeit macht sie jedem zugänglich und verständlich.


Mit der Liebe eines Sehenden macht er uns auf die kleinen und großen Wunder der Natur aufmerksam und fordert dazu auf, sich der Sinnlichkeit der vertrauten Dinge neu zu öffnen.
 

Champignons auf grauem Grund Frische Walnüsse Nach den zwei Herzkrisen von 1987 entstehen in den letzten Jahren seines Schaffens – oft in wenigen Stunden – einige seiner reifsten Werke. Nebst der längst erreichten Meisterschaft der Pinselführung schaut er den Dingen auf andere Art und Weise auf den Grund als bisher. Das Ende einer fast 70 Jahre fruchtbaren künstlerischen Aktivität ahnend rafft er in zwei Schüben 1988 und 1989 seine letzten Energien zusammen und reduziert einmal mehr auf das Wesentliche hin. Seine Muskelkraft reicht kaum noch aus, die Treppen zu steigen, sein Herz und seine Lungen sind angeschlagen. Im letzten Sommer fährt ihn seine Frau Liane die 200 Meter ins Atelier und holt ihn dort – oft schon eingeschlafen – nach 3 Stunden wieder ab.
 

Drei Pflaumen rechte Pflaume Diese kostbare Zeit letzter Konzentration nutzt er u.a. zu einem besonderen künstlerischen Höhepunkt, den Drei Pflaumen. In letzter meditativer Versenkung hält er mit wenigen doch beinahe frech akzentuierenden Farben den gerade noch darstellbaren Zustand vollreifer Früchte kurz vor ihrem Verfall fest. Die dünne Haut ist schon in Auflösung begriffen und wieder einmal nimmt er dies "wörtlich" und hebt die Umrisse teilweise auf. Die zerfallende Form geht in den Hintergrund über – wie ein Gleichnis seiner eigenen Verfassung. In diesem Bild von nur 18 x 27 cm offenbart sich der Kosmos.
 

Golgatha (Kreuzigung) Auftritt der Königin von Saba vor König Salomon Durch einige szenische Urstoffe (Urteil des Paris, Königin von Saba vor Salomon, Tanz der Salome, Kreuzigung, Hexensabbat. Karneval) fühlt er sich immer wieder angezogen. Dabei ist das Golgatha-Thema keineswegs ein religiöses Bekenntnis, sondern ebenso wie ein Maiskolben oder ein Blütenzweig eine visuelle, d.h. rein farblich inspirierende Vorlage. In seinem Olymp wohnen überkonfessionell die Mystiker aller Religionen und etwa zwei Dutzend Halbgötter der europäischen Malerei. Vietinghoff nimmt sich der Kreuzigung als eines klassisch abendländischen Themas an, nicht des Inhalts sondern der gestalterischen Aufgabe wegen. Vielleicht auch ein wenig im Sinne freudigen Miteiferns im stillen Dialog mit seinen geliebten Vorgängern ...
 

Quitten mit Blättern und Glas Spriessende Zwiebeln Abgesehen von diesen archaischen vielfigurigen Szenen sind seine Darstellungen schlicht und inhaltlich unspektakulär, sie werden vom internationalen Markt übersehen: Egon von Vietinghoff steht nicht im Licht der Öffentlichkeit. Wenigstens bringt ihm dies den Vorteil, in Ruhe sein Oeuvre zu schaffen. Manchmal schmerzt es ihn aber auch zu sehen, wie leicht sich das Publikum vom Kunstspektakel vieler zeitgenössischer Maler bluffen lässt und gewisse "Kollegen" mit wesentlich weniger Aufwand zu großer Anerkennung kommen.
 

Frühlingsstrauss mit Goldlack und Buchenblättern Melone und Trauben auf Teller Seine Kompositionen nehmen fast immer Rücksicht auf die Bildbegrenzung. Dass ein Bild auch einen Rahmen braucht, ist bei der Kunstauffassung seiner visionären Malerei ein notgedrungener und bewusster Kompromiss an das Ästhetische.

Im Übrigen schätzt er dem Geschmack gefällige Momente wenig. Sie lenken auf künstlerisch weniger wichtige Nebenaspekte ab und haben nur einen dekorativen Stellenwert. Sie lassen den Betrachter – ähnlich wie der Naturalismus, historische Anekdoten oder intellektuelle Botschaften – Vordergründiges und Nebensächliches für das Eigentliche halten.
 

Zitrone im Seidenpapier Zwei Pfirsiche Vietinghoff versteht die Bezeichnung Still-Leben sehr ursprünglich und setzt ganz traditionell das "Stück ruhender Natur" ohne Hintergedanken oft mehr oder weniger ins Zentrum des Bildes. Unter den gut 2700 Bildern finden sich äußerst selten welche, bei denen das Sujet angeschnitten ist bzw. die Bildbegrenzung verlässt – außer bei figürlichen Szenen, wo Randfiguren gelegentlich nur zur Hälfte erscheinen, womit der Eindruck eines Ausschnitts aus größerem Geschehen entstehen soll. Das steht jedoch in keinem Vergleich zu der Sicht- und Darstellungsweise z.B. eines Degas, zu dessen besonderem Merkmal es zählt.
 

Walnüsse in grüner Schale mit Zweig Ein rares Beispiel eines Sujets in Vietinghoffs Werk, das die Bildgrenze durchbricht, ist ein Stillleben grüner Walnüsse mit Zweigen und Blättern. Die Komposition der zufällig verteilten Nüsse wird durch die Ästchen und Blätter zusätzlich aufgelockert, ohne dass das gesamte Sujet zerfällt. Die Ränder werden rechts von einem dünnen Ästchen und links durch 2 fehlende Blattspitzen unterbrochen. Auch hier ist nicht von bewusstem Stilmittel zu sprechen, eher hat sich der Künstler im Verhältnis von Motiv zu Bildgröße verschätzt. Dennoch ergibt sich neben dem ruhenden Aspekt eines Still-Lebens der Eindruck eines herbstlichen Windhauchs, der quer über das Bild weht. Angeschnittene Blattspitzen kommen gelegentlich auch bei anderen Stillleben mit Blättern als Beiwerk vor.
 

Feigen auf Teller vor dunklem Grund Wassermelone und Kirschen Manchmal ist die Bildmitte eine besonders farbintensive Stelle (z.B. bei den Feigen auf Teller vor dunklem Grund von 1980), manchmal ist sie gerade das Gegenteil, ein unbestimmter eher dunkler Flecken als farblicher Kontrapunkt (z.B. im Hintergrund wie bei dem Bild Wassermelone und Krischen von 1987) oder genau an der Grenze zwischen 2 oder mehreren Objekten, die sich um das Zentrum gruppieren. Er schätzt die Proportionen innerhalb der Ränder mit Augenmaß ab, ohne irgendwelche Messungen.
 

Eine Handvoll Kirschen auf dunklem Grund Grüner Krug mit Äpfeln Der im hohen Alter abnehmenden Konzentrationskraft entsprechend malt er im Laufe der Zeit oft Bilder in Kleinformaten (z.B. Eine Handvoll Kiirschen von 1986). Die kleineren Zimmer in Neubauten und die steigenden Preise seiner Bilder tun ihr übriges dazu. Trotzdem gelingen ihm auch in den letzten Jahren immer noch Werke in größeren Formaten (z.B. Grüner Krug mit Äpfeln von 1988).
 

Strauss mit Mädesüss und Beeren Halbakt mit Hut Menschlich wie künstlerisch steht er da wie ein Monolith im Strom der Zeit. Die Sujets, sein technisches Können und seine innere Unabhängigkeit rufen in der Ära des Dadaismus, Kubismus, Surrealismus, Konstruktivismus, der Popart und anderer Richtungen nicht selten Ablehnung, Verwunderung oder Missgunst hervor.





Das Wesen von Vietinghoffs künstlerischer Haltung und seines Malstils wird im Allgemeinen nicht erkannt. Getreu seiner Überzeugung zu malen, bedeutet für ihn einsames, aber hingebungsvolles Schaffen.
 

Drei Äpfel Walensee (Schweiz) Egon v.Vietinghoff steht in Theorie und Praxis, Malweise und Philosophie im Widerspruch zu den Strömungen der Zeit überwiegend abstrakter oder provokativer Kunstauffassung. Er bleibt zeitlebens ein Außenseiter, unbestechlich in seinem Kunsturteil. Kompromisslos folgt er seinem künstlerischen Gewissen, seiner meditativen Wahrnehmung und dem Drang, sie malerisch umzusetzen. Er arbeitet nicht in einem Stil, der en vogue ist und hohe Preise erzielt.

Beharrlich entwickelt er seine Technik, findet seine Ausdrucksweise und seine Philosophie: die Visionäre Malerei.
 

Seine Kunst zeugt von einer verloren geglaubten Tradition europäischer Malkultur, deren Technik der mehrschichtigen Öl-Harz-Malerei ein spezifisch europäisches Kulturerbe ist. Sein Stil wird neu und unverwechselbar aus dem Geiste europäischer Blütezeit geboren.
 
     
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