Vietinghoff – der Mystiker und seine Zeitgenossen
Parallel-Gedanken von Zeitgenossen
Liest man nur die Worte und versteht die Inhalte, ohne zu wissen, was diese Maler daraus für konkrete Schlüsse gezogen haben und ohne deren Bilder zu sehen, dann könnte man manchmal glauben, sie seien von Egon von Vietinghoff (1903-1994) geschrieben.
Giorgio de Chirico (1888-1978) Carlo Carrà (1881-1966) Filippo de Pisis (1896-1956) Michail Matjuschin (1861-1934) Wladimir Tatlin (1885 -1953) El Lissitzky (1890/91-1941) Wassily Kandinsky (1866 -1944) Piet Mondrian (1872-1944) Max Ernst (1891-1976) Hans Arp (1886/87-1966) Paul Klee (1879-1940) [[André Breton (1896-1966) ??]] |
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Giorgio de Chirico (1888-1978)
De Chirico arbeitete ab 1906 unter Klinger an der Münchner Kunstakademie. Die Kunst Böcklins und die Philosophie Nietzsches übten großen Einfluss auf ihn aus. In jener Zeit malte er allegorische Bilder, von denen jedoch keines erhalten ist. Chirico begann die Möglichkeiten symbolischer Traumgesichte zu erforschen, eine Art "Gegen"-Wirklichkeit, in der Gegenstände und Szenen in ungewöhnliche Verbindungen gebracht wurden. Dieses Frühwerk hatte dadurch einen beachtlichen Erfolg, dass es mit der Einführung von "unbewussten" Bildern, wie sie die Surrealisten in den 20er Jahren verwenden sollten, ein Vorläufer des Surrealismus wurde. Von 1911 bis 1915 lebte de Chirico in Paris, wo er Maurice Raynal, Guillaume Apollinaire, Pablo Picasso und andere Vertreter der Avantgarde kennenlernte. Apollinaire wurde der große Verfechter von Chiricos Ideen. Die Arbeiten jener Periode haben zum Großteil architektonischen Charakter: rätselhafte Figuren und ungewöhnliche Gegenstände wurden vor einen Hintergrund klassischer Architektur gestellt. Die seltsame Wirkung von Statuen in öffentlichen Gebäuden, die nicht auf einem Sockel, sondern in Augenhöhe des Betrachters stehen, hatte seine Aufmerksamkeit erregt. De Chirico verwendete nicht nur ungewöhnliche Bildgegenstände, sondern stellte sie auch nach Regeln der Zentralperspektive dar, wie sie in der Renaissance üblich war; damit unterschieden sich seine Bilder völlig von den Werken der zeitgenössischen Schule, die matte Farben und flächige Muster benutzte. Ein weiteres Merkmal in de Chiricos Gemälden aus jener Periode sind die Eisenbahnzüge, die offensichtlich auf den Beruf seines Vaters zurückgehen. 1917 lernte er Carlo Carrà kennen. Sie begannen gemeinsam sehr ähnliche Bildmotive zu malen; sie benutzten Gliederpuppen und andere Gegenstände, die sie zu rätselhaften oder wie sie es nannten "metaphysischen" Bildern zusammensetzten. Mit jener Periode von Chiricos Schaffen stehen auch die Namen von mehreren weniger bedeutenden Malern wie Filippo de Pisis in Verbindung. Die "Scuola Metafisica" hielt sich jedoch nicht sehr lange. Bereits 1919 hatte de Chirico begonnen, römische Villen und mehr romantische Motive zu malen. 1925 zog er nach Paris, wo ihn selbst die Begeisterung der Surrealisten für sein Frühwerk nicht davon abhalten konnte, mit seiner frühen Malweise zu brechen und in einem mehr akademischen Stil Pferde, Landschaften und antike Themen zu malen. Damit forderte er die Verachtung der Surrealisten heraus, die ihn daraufhin angriffen. Chirico hatte jedoch den festen Entschluss gefasst, sich von seinen frühesten Arbeiten zu distanzieren; er begründete seine Haltung damit, dass er 1919 vor einem Tizian-Bild erkannt habe, was Malerei eigentlich sei. In der Folgezeit wandte er sich mehr akademischen und allegorischen Arbeiten zu und griff nur sporadisch auf seinen frühen surrealistischen Stil zurück. Dennoch begann sich de Chiricos großer Erfolg in den 20er Jahren abzuzeichnen und seine Frühwerke übten auf die surrealistische Bewegung in Europa einen bemerkenswerten Einfluss aus. [Künstlerlexikon: Chirico, Giorgio de, S. 1 ff. Digitale Bibliothek Band 22: Kindlers Malerei-Lexikon, S. 1749 (vgl. KML Bd. 1, S. 736 ff.)] |
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Massimo Campigli (Max Ihlenfeld, 1895-1971)
Campiglis Malerei nimmt in der modernen Kunst wegen ihrer bewussten Archaik und ihres Verzichts auf farbenfreudige Oberflächenwirkung eine Sonderstellung ein. Von Massimo Campigli ist bezeugt, dass er durch den Besuch etruskischer Sammlungen in Rom entscheidende Impulse für seine Malerei empfing. Er bevorzugte für seine Bilder Frauengestalten, die streng stilisiert die Einflüsse der großäugigen Bildnisse der Fayum-Periode der ägyptischen und auch der alten klassischen Kunst erkennen lassen. Im übrigen sind Campiglis Gemälde mit größter Sorgfalt gearbeitet und lassen ihren Schöpfer als gewissenhaften und sehr selbstkritischen Künstler erkennen. Seine seit etwa 1920 entstandenen Bilder trugen anfangs freilich noch alle Zeichen der handwerklichen Unzulänglichkeit eines Autodidakten an sich. Auch zeitgenössische Einflüsse, beispielsweise von Carrà, Léger oder kubistischen Malern, sind in seinen Arbeiten dieser Jahre nachweisbar. Vor allen anderen aber wurden die Anregungen der ägyptischen Kunst für ihn wichtig, die er im Musée National du Louvre kennenlernte. |
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Carlo Carra (1881-1966)
Der Name Carlo Carrà ist untrennbar mit zwei bedeutenden Stilrichtungen der Malerei des 20. Jahrhunderts verbunden, die beide von Italien ihren Ausgang nahmen. Zunächst gehörte der Künstler zu den Repräsentanten des Futurismus, die im Jahre 1910 das "Manifest der futuristischen Malerei" unterschrieben. Gemeinsam mit Giacomo Balla, Umberto Boccioni, Luigi Russolo und Gino Severini wandte er sich darin gegen alle akademischen Traditionen und Konventionen in der Malerei und forderte die Darstellung des modernen Lebens mitsamt den technischen Errungenschaften der Zeit. Zum anderen gilt Carrà neben seinem Freund Giorgio de Chirico als Hauptvertreter der sogenannten "metaphysischen Malerei". Maurice Raynal folgend sollte dieser Begriff "den prometheischen Traum des Künstlers bezeichnen, der den Dingen und ihrer Stille, Unbeweglichkeit und Teilnahmslosigkeit einige ihrer übernatürlichen Geheimnisse entreißen will". Zum Unterschied von de Chirico aber sagte sich Carrà niemals völlig von der Überlieferung los, wie er sich auch keineswegs radikal von der Natur abwandte, deren Formen er vielmehr übernahm. Seinen eigenen Worten zufolge sah der Maler "die gewöhnlichen Dinge als die wahren Vermittler zwischen dem Wesen der Welt und uns" an. Deshalb wurden die realen Gegenstände in Verbindung mit ungewohnten, das heißt unnatürlichen oder übernatürlichen Elementen gebracht. Der Überraschungseffekt, der sich beispielsweise aus der Kombination von Schneiderpuppen, Landkarten und Architekturbruchstücken und aus ihrer sehr sorgfältigen perspektivisch-geometrischen Anordnung ergibt, verbindet sich zudem mit dem Eindruck des Rätselhaften, das oft genug bittere Ironie zu sein scheint. Vom rein malerischen Standpunkt aus war die "metaphysische Malerei" nichts anderes als der Versuch, die Atmosphäre des Raumes durch die Verbindung mit "ungewöhnlichen" Dingen dem Bild zurückzugewinnen. Das aber war gleichbedeutend mit einer neuerlichen Umwertung oder, besser gesagt, mit einer Renaissance fast sämtlicher Stilmittel, deren ursprüngliche Geheimnisse im Laufe der zum Impressionismus führenden Entwicklung verlernt worden oder verlorengegangen waren. wurde Cesare Tallone sein Lehrer, der ihn an der Accademia di Belle Arti de Brera in Mailand unterrichtete und dahingehend beeinflußte, in »divisionistischer« Manier zu malen. 1911 fuhr der Maler zum zweitenmal nach Paris, wo er Modigliani, Picasso und Apollinaire kennenlernte. Seine Arbeiten aus jener Zeit, wie etwa La Galleria in Mailand, verraten starke Einflüsse des Kubismus. In den Jahren 1912-13 beteiligte sich Carrà zwar an den Ausstellungen der Futuristen in Paris, London und Berlin, doch führte seine innere Entfremdung bereits 1915 zur endgültigen Trennung von den futuristischen Glaubensfreunden. In Ferrara, wohin er in demselben Jahr zum Militärdienst einberufen wurde, lernte er G. de Chirico kennen, dessen Einfluß sich alsbald in Carràs Werken zeigen sollte. Bereits 1916 entstanden seine ersten »metaphysischen« Bilder. Besonders das Studium der Werke Giottos sollte sich als sehr wichtig für die Weiterentwicklung seiner Kunst erweisen. 1917 malte der Künstler mehrere der bedeutendsten Werke der »metaphysischen Malerei«: Idol Hermaphrodit (Mailand), Einsamkeit (Zürich), Die metaphysische Muse und Das verzauberte Zimmer (Mailand). Aber diese Schaffensperiode, in der er ohne Zweifel stark auf den Surrealismus einwirkte, blieb in seiner künstlerischen Entwicklung nur eine, allerdings sehr wichtige Phase. Nach dem Vorbild Giottos malte der Künstler später mehrere Meeres- und Schiffsszenen, die seine Abwendung von den Stilmitteln des Kubismus und seine Rückkehr zur gegenständlichrealistischen Malweise kennzeichnen. Von diesen Arbeiten wurde Ein Morgen am Meer (Mailand) als eine der bemerkenswertesten Landschaften dieser Zeit gewertet. Carràs Bilder vom Anfang der 30er Jahre zeigen das erneute, allerdings wiederum nur vorübergehende Hinwenden zu kubistischen Ausdrucksformen. Etwa gleichzeitig machte sich in seiner Malerei ein zunehmender Originalitätsverlust bemerkbar. Obwohl Carrà viele seiner früher bewährten Ausdrucksformen beibehielt, gelang es ihm nicht mehr, die einstige Aussagekraft zu bewahren. Wiederholungen von Bildthemen vergangener Jahre erwiesen sich ebenfalls als unzureichende Lösung, waren sogar einer rückläufigen Entwicklung indirekt noch förderlich. Daher überrascht nicht, daß die nach dem Zweiten Weltkrieg entstandenen Arbeiten Carràs nur noch wenig von jener Aggression und Faszination aufweisen, die seine Malerei zwischen 1910 und 1930 auszeichnete und seinen weltweiten Ruhm begründete. |
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Filippo de Pisis (1896-1956)
Filippo de Pisis entfaltete einen Stil, der oft in keiner Beziehung zu den vorherrschenden Richtungen seiner Zeit stand; obwohl er von der venezianischen Malerei des 18. Jahrhunderts sowie der Kunst Monets ausgegangen war, verarbeitete er diese Anregungen doch mit einer Freiheit, die durchaus modern anmutet. De Pisis wurde nicht nur als Maler, sondern auch als Schriftsteller und Kritiker bekannt. Als Kritiker war er anfangs mit den Anhängern der »Pittura metafisica« in Verbindung. Er begann erst nach Auflösung dieser Bewegung zu malen. In den beschwörenden, ein wenig seltsamen Stillebengruppen der 20er Jahre lässt sich der Einfluss Carràs und Morandis erkennen, die er während ihrer kurzen Zugehörigkeit zu Giorgio de Chiricos Gruppe kennengelernt hatte. Diese Stilleben zeigen bereits deutlich, dass de Pisis sich vor allem mit der Wiedergabe des Lichtes beschäftigte. In den 30er Jahren scheinen ihn Werke Guardis und der venezianischen Schule des 18. Jahrhunderts fasziniert zu haben. Doch sein Ziel war bescheidener als das seiner Vorbilder. In der Behandlung der Themen und dem raschen Auftrag von Farbflecken, die oft flüchtig auf die Leinwand geworfen sind, deren weiße Grundierung sichtbar bleibt und in den Gesamtentwurf einbezogen wird, zeigen sich gewisse mittelbare Einflüsse von Guardi, Magnasco und Monet. Spontaneität und Licht sind die Kriterien der Kunst de Pisis': Manchmal verführen sie auf eine glitzernde Oberfläche, unter der sich nur eine verhältnismäßig geringe Substanz verbirgt, doch gelegentlich vermochte der Künstler auch Werke von großem Lyrismus hervorzubringen. |
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Piet Mondrian (1872-1944)
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Paul Klee (1879-1940)
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Wassily Kandinsky (1866-1944): Schule des Sehens
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Michail Matjuschin (1861-1934)
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Wladimir Tatlin (1885-1953)
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El Lissitzky (1890/91-1941)
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